Sonntag, 20. Oktober 2013

Bella, du gehst??


Sommerfest! Die Firma ist schon irgendwie seltsam. Zu der Tradition der Geschichte gehört eine große Weihnachtsfeier für alle Kollegen und ein Sommerfest. Als die Firma kleiner war (ich hab noch eine erlebt!) gab es anstatt der Sommerfeste die Betriebsausflüge.

So gab es damals in meinem Praktikum im Jahre 1999 noch einen Betriebsausflug, für den die Firma 5 Busse anmietete und fast ein ganzes Hotel, wo die Leute übernachten konnten.

Mit der Größe an Mitarbeitern geht das natürlich heute nicht mehr wirklich gut, also es würde bestimmt noch gehen. Aber der Aufwand wäre enorm und die Butter ist auch nicht mehr so dick auf dem Brot.

Aber der Vorstand will trotz Verlustgeschäfte nicht auf diese Tradition verzichten. Worauf ich auch stolz bin, dass sie da so stur sind.

Da es mein letztes Sommerfest ist, nehme ich das trotz meines Urlaubs mit. Viele aus meiner Abteilung sind verwundert, warum ich da bin. Ein Blick auf das kostenlose Bier und die kostenlose Bratwurst in der Hand mit der Erklärung: Kühlschrank ist leer! stimmt alle fröhlich und sie können es verstehen.

Es ist jedes Jahr wieder dasselbe, ich freue mich alte Arbeitskollegen wieder zu sehen, besonders aus dem Service oder aus alten Abteilungen aus meiner Ausbildungszeit. Da ich aber meiner Schwester sehr ähnlich sehe, halten mich viele für sie und freuen sich, dass die Betriebsräten sich zu ihnen gesellt und haben da natürlich noch mal eine kurze Frage. Bei den meisten bin ich nicht böse, wenn man sich nur einmal im Jahr oder zwei Mal sieht und zuletzt länger mit einander gearbeitet hat vor ein paar Jahren kann das passieren. Oder eben noch nie mit einander gearbeitet hat sondern nur mal so geschwätzt. Bei anderen bin ich aber bei der Verwechslung stinkig. So war ich die erste Frau in der Mechanik gewesen, es gab noch nicht mal Frauen Klos geschweige Umkleidekabinen für Frauen. Geschweige Arbeitskleidung, die kleinste Männergröße bei den Blaumannhosen war mir immer noch zu groß und ich sah damals aus wie ein Möchtegern Rapper der sich wohl 10-mal vor dem Auftritt in die Hose geschissen hat. Und so sprach mich der Mitarbeiter aus der Mechanik an und fragte: Ob noch mehr im Busch liegt, wenn der Betriebsrat die Abfindung annimmt.

Ich bin mir Arbeitsrechtlich nicht sicher, ob ich ihn hauen durfte oder nicht. Aber zwischen Reaktion und vorher drüber nachdenken hat sich der Männerberuf in meinem Kopf einfach nieder gelassen. Da hau ich lieber, anstatt zu überlegen. Als alles richtig gestellt wurde und ich die Gemüter Beruhigt habe das meine Schwester hier bleibt und es absehbar war das die Straße nicht nur Bergauf gehen kann sondern genauso schnell wieder Bergab geht, erzählte ich von meinen Plänen zu studieren.

Es ist erstaunlich, das viele Kollegen, den Weggang einer netten Arbeitskollegin doof finden, aber dann voll dabei sind, wenn man sagt, man geht noch mal Studieren. Jeder findet es gut und lobt die mutige Entscheidung. Ich sollte bei der Weihnachtsfeier vllt mit der Spendendose rum gehen, damit ich mir das Hundefutter auch in der Zukunft noch leisten kann.

Zur Verwechslung mit meiner Schwester war das Beste in meiner Praktikumszeit gewesen. Ein Kollege sah erst meine Schwester so vor dem Mittag über den Hof laufen und mich nach dem Mittag und war ganz verwirrt, warum sich jemand an der Arbeit die Haare färbt. Da er aber auch ein Azubi war, lernten wir uns dann auf dem Azubigrillen kennen und seitdem hat er uns nie wieder verwechselt. Ganz geschweige zu einem anderen Arbeitskollegen, der mich immer wieder mit Betriebsrat Fragen löchert. Und bei dem kommt man noch nicht mal kurz vorher zu Wort, um zu sagen dass man der falsche Mensch gerade ist.

Wir waren aber bei Bier und Würstchen. Auf dem Sommerfest geben die Firmen Bands und unser Chor immer ihr geübtes vom Besten. Ich freue mich immer sehr auf die vielen Auftritte, dafür proben sie ja auch das ganze Jahr. Doch dieses Jahr komme ich nicht wirklich dazu mir die Musik anzuhören. Ich hätte das mit dem Studium und der Abfindung vorher auf ein Tonband spielen sollen, damit ich es nicht jeden von neuem erzählen müsste. Natürlich bin ich geduldig, rede mit jedem darüber, danke jeden für die mutige Entscheidung. Bissel beschwipst komme ich zu den Mädels aus dem Service. Viele waren damals auf meinem Polterabend dabei und sind eher schockiert, dass ich nicht mehr mit meinem Mann zusammen bin. Auch mal nett über das andere Thema zu reden. Doch auch da, oh Wunder oh Wunder, können sie mich auch verstehen und finden auch die Entscheidung richtig.

Da fühlt man sich doch ein bisschen Verarscht, besonders wenn man sich überlegt, wie oft man sich im Dorf beobachtet gefühlt hat, als er seine Sachen aus dem Haus gekarrt hat. Und sie gleich fragten: Na zieht ihr um? Ich durfte da ja noch nicht mal was sagen, wohl weil sich mein Noch Mann nicht eingestehen wollte, dass die Ehe nun mal leider gescheitert ist.

So standen sie nach dem Auszug direkt am Gartenzaun als ich den Rasen mähen wollte und fragten mich ganz gelassen: Na, hast aber ein bisschen mehr ausgemistet als nur alte Möbel? JA! Mensch. Macht vor eurer eigenen Haustür erst mal sauber und hört auf mit dem Finger auf mich zu zeigen.

Und hier steht man, erzählt das und auf einmal ist das voll ne gute Entscheidung.

Vllt liegt es am Bier, sollte ich vorher den Leuten Alkohol anbieten, bevor sich mich über meine gescheiterte Ehe ausfragen. Verrückte Welt

Ich drehte meine Kreise und kam dann zu einer Kollegin, die erst wieder aus ihrer Mutterschaftszeit zur Arbeit gekommen ist. Sie freute sich auch über die Entscheidung, fand es auch doof, das man als Assistent nicht wirklich Aufstiegsmöglichkeiten hat und fragte mich dann: "Und da gibt es auch ein Sommersemester? Bei vielen Studiengängen gibt es ja nur ein Wintersemester."

Scheiße, liegt es am Bier oder bin ich mir gerade wirklich absolut Unsicher ob es wirklich auch ein Start zum Studienfach im Sommer gibt??

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